Abstract
Auf der Suche nach den "natürlichen" Lebensbedingungen
des Menschen interessiert man sich häufig für das Leben
"primitiver" Völker, die als abschreckendes oder
anzustrebendes Vorbild gelten. Vor einigen Jahren sind Anthropologen
auf ein Verhaltensmuster steinzeitlicher Jäger- und Sammlergesellschaften
gestoßen, das wie eine Einlösung einer grünen
Utopie aussieht: man arbeitet wenig, kommuniziert viel, lebt dennoch
in Einklang mit der Natur. Diesem Verhaltensmuster wurde zugleich
eine implizite ökonomisch-ökologische Funktion im Sinne
der "Risikominimierung" zugeschrieben. Hier soll nun
ausgelotet werden, wie weit dieses Konzept trägt. Es stellt
sich heraus, daß "Risikominimierung" nur eine
Möglichkeit aus einer Reihe von denkbaren Umgängen mit
Risiken bildet, und zwar dann, wenn man sich passiv an einen gegebenen
Fluß von Ressourcen anpaßt. Ein weiteres Ergebnis
lautet, daß sich bereits mit dem historischen Übergang
zur Landwirtschaft der Weg in eine Risikospirale geöffnet
hat, in der ein gelungener Umgang mit Risiken in neue Risiken
hineinführt, die ihrerseits nach (riskanten) Lösungen,
so daß sich eine Entwicklungsdynamik aufbauen kann, die
irreversible Züge annimmt.